Die letzte Woche auf der Baustelle war sehr produktiv, aber nicht einfach. Anders als vorherige Bauphasen, in denen mehrere Teams über mehrere Monate vor Ort waren und die Arbeit der anderen fortsetzten, bestand diese Bauphase aus nur einem Team. Dadurch war uns bewusst, dass noch einiges bis zur Abreise erledigt werden musste, um das Haus fertigzustellen, denn die Klassenräume werden dringend gebraucht. Die Anzahl der Schüler steigt und sowohl im Essensbereich als auch der Aula sind bereits Klassen untergebracht. Mit diesem Ziel im Auge starteten wir voller Tatendrang in die letzte Woche.
Nachdem die Wände des Klassenraums miteinander verbunden waren, mussten diese verkleidet werden. Von außen sind die tragenden Bauteile nicht sichtbar, von innen wird das offene Fachwerk zukünftig von Schülern und Lehrern als Regale benutzt.
Ein wichtiger Aspekt dieser Bauphase waren Schulungen und Wissensvermittlung. Aus diesem Grund haben unsere haitianische Helfer Stanley und Jean-Vanex nach einer kurzen Unterrichtung die Binder in eigen Regie zusammengebaut und auf dem Dach aufgestellt. Dies ist für uns alle ein Meilenstein, da so in Zukunft auch in Abwesenheit von EWB ein eigenständiges Arbeiten möglich ist und wir die Nachhaltigkeit unserer Arbeit und Wissen gewährleisten. Zu der Schulung gehörte nicht nur der Umgang mit den deutschen Werkzeugen, sondern auch das Lesen von Plänen und die Baustellenlogistik.
Der nächste Schritt ist nun, den Bau weiterer Klassenräume an Stanley und Jean-Vanex zu delegieren und ihnen aus Deutschland nur noch beratend zur Verfügung zu stehen.
Auch hier im sonnigen Haiti sind deutsche Traditionen nicht in Vergessenheit geraten: nach der Fertigstellung der Holzkonstruktion wurde ein kleines Richtfest gefeiert. Die Krönung des Tages war es, den atemberaubenden Sonnenuntergang vom frisch gebauten Dachstuhl aus zu bestaunen.
Im Anschluss wurden die Lattung und das Blech auf dem Dach angebracht, aber mal wieder lief nicht alles nach Plan: zwei Tage lang erschweren starke Gewitter und Schauer das Arbeiten und auf dem Dach zu arbeiten wurde zu gefährlich. Sehnsüchtig hat das Team auf die Sonne gewartet. Als die Wolken endlich wieder aufrissen, wurde mit vollem Elan die Arbeit aufgenommen und das Haus nahm seine endgültige Form an. Im nächsten Schritt werden haitianische Handwerker noch den Estrich, die Fensterläden und die Tür einbauen.
Doch während des Regens gab es keinen Leerlauf. Diverse Reparaturen wurden durchgeführt, der Werkzeugcontainer aufgeräumt und das vorhandene Material für die nächsten Teams sorgfältig inventarisiert. Zusätzliche Schulungen zur Wartung des PAUL-Wasserfilters, sowie zur Instandhaltung der Batterien für die Photovoltaikanlage wurden mit den Hausmeistern der Schule durchgeführt, um die Langlebigkeit der Strom- und Frischwasserversorgung sicherzustellen.
Kurz vor der Abreise wurden wir von dem Schulleiter Mr.Valleur in die Kirche und anschließend zum Essen eingeladen. Wir konnten einen Einblick in die Traditionen Haitis erlangen und hatten nach dem vierstündigen Gottesdienst die Möglichkeit, den Bischof Joseph Gontran Decoste kennenzulernen. Er erzählte viel über seine Reisen nach Deutschland und über die Zusammenarbeit der deutschen und haitianischen Kirche, die schon seit 60 Jahre besteht. Er zeigte große Interesse an unserer Arbeit und hat zukünftige Teams eingeladen Jeremie zu besuchen. Der Austausch war sehr bereichernd und inspirierend. Wir sind definitiv neidisch auf die nächsten Reiseteams sind, die sein Angebot wahrnehmen können.
Schweren Herzens und nicht ohne Träne haben wir uns von den Waisenkindern verabschiedet. In der Zeit, die wir in dem Waisenhaus “Nan Ginen” verbracht haben, haben wir sie ins Herz geschlossen, auch wenn wir uns nur mit Händen und Füßen kommunizieren konnten. Es hat viel Spaß gemacht, abends zusammen zu spielen, zu tanzen und mit ihnen zu singen. Das Tanzen und das Lachen sind internationale Sprachen, trotzdem haben wir mehrmals bereut, dass wir Kreol vor der Reise nicht besser gelernt haben, um tiefere Gespräche führen zu können.
Plötzlich kam der Tag der Abreise – sechs Wochen sind wie im Flug vergangen. Unsere Koffer sind voll mit Bernardette‘s (unsere Köchin) hausgemachter Marmelade und wir sind zufrieden mit dem Fortschritt des Projektes. Mit schönen, sonnigen Erinnerungen, die uns im kalten regnerischen Deutschland den ganzen Winter wärmen werden, treten wir die Heimreise an.
Das BP9 Team sowie alle Projektmitglieder bedanken sich herzlich für Ihre Unterstützung und freuen uns darauf, hoffentlich auch dieses Jahr wieder nach Haiti reisen zu können.
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Danke für Eure Arbeit und auch für den schönen Bericht!!
Liebe Grüße
Manfred Sickmann