Das Konzept
Nur spannende Urlaubsbilder … aber was machen wir da überhaupt?
Seile und Stahl verbinden die Ufer: Ziel des Brückendesigns war es durch schlanke Formen das Landschaftsbild so gering wie möglich zu stören. Die Pylonen sprießen dabei wie Bambusse aus dem Boden. Diese Gegebenheiten beeinflussten das statische Konzept maßgebend. Die nur wenige Zentimeter dicke Laufflächenkonstruktion bietet bei Monsunstürmen und Überflutungen den geringsten Widerstand. Das geringe Eigengewicht macht die Konstruktion sehr instabil und anfällig für Schwingungen. Um diese zu reduzieren und eine ausreichend steife Tragstruktur zu erreichen, haben wir auf das von Jawerth geprägte Konzept einer vorgespannten Hängeseilbrücke zurückgegriffen.
Neben den harten statischen Anforderungen haben vor allem andere Details viel Hirnschmalz gefordert. Dabei spielten der Korrosionsschutz und damit die Dauerhaftigkeit der Brücke sowie das in Sri Lanka verfügbare Material eine zentrale Rolle. Bei den Anschlüssen musste besonderer Wert auf die einfache Montage ohne große Hilfsmittel gelegt werden.
Die regelmäßig auftretenden mannshohen Überschwemmungen veranlassten uns dazu, die gesamte Brücke auf 2 Meter hohe Wände aufzubocken.
Alle diese Anforderungen haben wir in unserem Entwurf vereint.
Die Brücke in Zahlen
Länge: 56 m
Breite: 1,3 m
Kosten: ca. 50.000 € + Material und Sachspenden à ca. 75.000 € für Sri Lanka
Gesamtgewicht: 270 t
Beton: 110 m³
Gabionen: 42 m³
Stahl: 2,7 t
Bewehrung: 3,1 t
Holz für Lauffläche: 2 t
Zement: 840 Sack
Seile: 614 m
Anschlusselemente für Seile: 817 Stück
Schrauben: 530 Stück
Unbezahlte Arbeitsstunden:
Baustelle: ca. 8100 Stunden
Planung: ca. 3000 Stunden
Stahlseile
Die von der Memminger Firma Pfeifer gespendeten Stahlseile bestimmen unsere Konstruktion. Das jede Hängebrücke charakterisierende Haupttragseil verbindet die beiden Flussufer und trägt die gesamte Brücke. An seinem höchsten Punkt, über den Pylonen, ist dieses in über 8 Meter Höhe und fällt zu Brückenmitte und Fundamenten hin parabelförmig ab.
Um von einer „echten Hängebrücke“ sprechen zu können, müssen alle in den Seilen wirkenden Kräfte über die Fundamente in den Untergrund abgeleitet werden.
Der für Brücken dieser Größenordnung typische Einsatz von Ankerpfählen musste wegen der großen Baumaschinen verworfen werden. Nach dem Motto „Viel hilft viel“, entschieden wir uns für ein klassisches Schwergewichtsfundament. Dabei spielt das Eigengewicht des Fundamentes und die Reibung zwischen Fundament und Boden die zentrale Rolle. Um auch bei der ungünstigsten Kombination aus Belastung, Hochwasser und Bodenverhältnissen volle Standsicherheit gewährleisten zu können, messen die 4 Fundamente jeweils knapp 17 m³ und bringen zusammen 163 Tonnen auf die Waage.
Zur sicheren Verankerung der Seilkräfte ist im Inneren der Fundamente eine ausgefallene Bewehrung angeordnet. Nicht umsonst liebevoll als die „Rocket“ bezeichnet, erinnert das Konstrukt an eine Raketenabschussbasis.
Neben dem in den Schwergewichtsfundamenten verankerten Haupttragseil wird ein zweites Seil unter der Lauffläche geführt. Dieses wird auf eine vordefinierte Spannung gebracht und bildet über den vertikalen Hängeseilen ein in sich steifes Seilnetz. Um zusätzliche Sicherheiten gegen horizontale Belastungen wie Wind oder Hochwasser zu erzielen, haben wir die Haupttragseile zusätzlich in eine zweite Richtung gekrümmt. Die Hängeseile leiten das Gewicht der Passanten und Lauffläche an die Hauptseile weiter.
Derzeit arbeiten wir an einem Verfahren um die zugeschnittenen Stahlseile für den Einbau vorzubereiten. Dazu müssen Seilklemmen und Kauschen in definierten Abständen an den Seilen angebracht und verschraubt werden.
Der Boden
Unberechenbar, dreckig und immer für eine Überraschung gut – der Boden. Was tun, wenn das versprochene Bodengutachten ausbleibt und die kurz vor Baubeginn gewonnenen Daten Gänsehaut bereiten? Um die Gründung und die Brücke realisieren zu können, mussten wir viele Annahmen treffen und ins Blaue rechnen. Immer auf der sicheren Seite liegend, entstanden riesige Fundamentdimensionen und Einbindetiefen; alles nicht ohne schweres Gerät und Grundwasserhaltung realisierbar. Mit fortschreitendem Aushub und weiteren Untersuchungen, die an die Pionierzeit der Bodenmechanik erinnern, konnten wir eine vernünftige und realisierbare Lösung finden.
Die größten Sorgenkinder waren dabei das Abgleiten der Böschung sowie Erosion durch den Fluss. Um beide Probleme zu lösen, musste eine Gabionenwand errichtet werden. Die über 40 m³ in Drahtnetze gestapelten Felsbrocken sind durch einen Filter von der Erdwand getrennt und halten das Bodenmaterial bei Strömung an Ort und Stelle. Das Eigengewicht der Boxen wirkt der Belastung aus dem Pylonenfundament entgegen und verhindert den Böschungsbruch. Wie ein dreidimensionales Puzzle mit vielen tausend Teilen ist das Stapeln anstrengende Kopfarbeit.
Stahlkonstruktion
Wie baut man eine Brücke ohne jegliche Erfahrung? Ausprobieren, nachrechnen, zeichnen, diskutieren und alles wieder verwerfen. Diesen Prozess durchliefern wir in der Planung unserer Stahlkonstruktion für Pylone und Lauffläche zahlreiche Male. Eine Idee zu entwickeln, die durch ihre Einfachheit von Handwerker-Laien gebaut werden kann; Verbindungen zwischen Stahl und Beton, die extremen Belastungen ausgesetzt sind; ein Gelenk, welches das Aufrichten der Pylonen dem der süddeutschen Maibäume gleichtun soll; eine immer weitere Reduktion des Materials um den Kostenrahmen einhalten zu können; das Vermeiden von komplizierten Schweißnähten um nicht auf lokale Schweißkunst vertrauen zu müssen und eine Lauffläche, die in knapp 10 Metern Höhe ohne Gerüst und Kräne zusammengebaut werden kann.
Nach zahlreichen Stunden der Planung waren wir endlich mit unserem Konzept zufrieden. Jedoch hielt die Freude nicht lange. Flexibel zu sein ist sicher eine der Kompetenzen, die täglich von uns verlangt werden; so auch beim Stahl. Nach unserem ersten Einkaufstrip nach Colombo wurde schnell klar, dass die Lieferlängen nicht den Angaben unserer Kontaktpersonen entsprechen, dass metrische und imperiale Maße bunt gemischt sind, und die von uns gewählten Profile hier nicht verfügbar sind. Außerdem fehlten bei einigen Bauteilen jegliche Zulassungen. In abendlichen Strafarbeiten passten wir die Konstruktion an die neuen Randbedingungen an. Zu unserer großen Freude hat sich die Mühe gelohnt und beim Bau des Prototyps zeigte sich, dass alle Maße millimetergenau aufgingen.
Die 30 Meter zwischen den beiden Pylonen sind in 21 Segmente unterteilt. Zunächst werden die Querträger in unserem Haus zugeschnitten und gebohrt. Nach Auftragen des Korrosionsschutzes werden die Profile, ähnlich einem Ikea-Regal, verschraubt und die von der Firma Nordlock gesponserten Keilsicherungsscheiben gegen ein Aufdrehen gesichert.
Vor Montage der Haupttragseile werden die Hängeseile mitsamt der Querträger an die vorgesehene Position gebracht. Diese gesamte Kette wird letztendlich durch den Fluss gezogen, beidseitig über die Pylonen gelegt und verankert. Der letzte Schritt vervollständigt unsere Laufflächensegmente. Durch die Verbindung aus Längsträgern, x-förmig angeordneten Aussteifungsverbänden und Querträgern erhält die Brücke ihre erste Stabilität.
Im Bereich der Pylonenwände ist eine aufwendigere Konstruktion zur Befestigung nötig. Dominiert aus dem Restmaterial, der von der Landseite ankommenden Rampengeometrie und Überlegungen zum Korrosionsschutz kristallisierte sich die folgende Lösung als sehr praktikabel heraus:
Das malaysische Holz für die Lauffläche wird in Brückenlängsrichtung auf die Querträger gelegt und durch die von der Firma Würth gesponserten stahlschneidenden Spezialschrauben mit den Profilen verschraubt.
Die zweite wichtige Stahlkonstruktion sind die Pylonen. Diese werden auf den Pylonenwänden befestigt und ragen 8 Meter in die Höhe. Der Pylonenfuß ist auch alles andere als eine Standardlösung. Dominiert wird dieser Anschluss von dem Aufrichtungsvorgang der Pylone.
Zwei lange Schrauben dienen als Scharnier, um das die Pylone gedreht wird. Nach Erreichen der endgültigen Position wird die Pylone durch weitere Schrauben gesichert.
Die Verbindung zwischen Stahlbauteil und Beton ist durch für den Betrachter sichtbare Gewindestangen realisiert. Versteckt in der Betonwand, sorgen Unmengen an Stahl für einen sicheren Stand.
Dauerhaftigkeit
Auch wenn wir keine Brücke für die Deutsche Bahn bauen und somit nicht an Gewährleistungsfristen von 100 Jahren gebunden sind, liegt uns die Dauerhaftigkeit der Konstruktion doch sehr am Herzen.
Selbstgemachte Abstandshalter stellen eine ausreichende Betondeckung sicher und verhindern das Rosten des Bewehrungsstahls. Ein Abplatzen der Betonoberfläche und Standsicherheitsprobleme für den Beton sind damit für einige Jahrzehnte ausgeschlossen.
Bankirai, ein spezielles Tropenholz aus Malaysia, dient als Lauffläche. Das gespendete Material ist so schwer, dass es selbst nicht schwimmt. Es bietet auch ohne Behandlung einen dauerhaften Schutz gegen Pilze, Fäulnis und Tiere.
Konstruktiver Stahlschutz: Regen, hohe Luftfeuchtigkeit und Stahlteile, die dauernd in Bewegung sind, sind ein wahrer Rostmagnet. In der Planung legten wir besonderes Augenmerk darauf, Wasser und Schmutz von allen kritischen Verbindungen fernzuhalten.
Auch wenn aus statischer Schicht ein Abrosten der Bleche und die damit verbundene Reduktion der Querschnitte keine großen Einschränkungen mit sich ziehen, wollen wir die Brücke so gut wie möglich schützen. Selbst die Experten der Karlsruher Versuchsanstalt kommen bei den Inselbedingungen ins Grübeln und können uns nur mit auf den Weg geben, dass die in Deutschland üblichen Verfahren vor Ort nicht angewendet werden können. Diskussionen über Produkte aus dem Schiffsbau sowie zur Betonstahlsanierung stellten uns nicht zufrieden. Mit etwas Glück fanden wir eine Firma, die uns die Stahlkonstruktion feuerverzinken kann. Nach intensiver Kalkulation und weiterem Entgegenkommen der Geschäftsführung werden wir damit unsere Brücke gegen Korrosion schützen können.